Stadtpfarrer Markus Bader
* 16. September 1971 in Kaufbeueren
+ 09. Januar 2023 in Augsburg
Priesterweihe
am 3. Mai 1998
im Hohen Dom zu Augsburg
1998 – 2022
Kaplan in St. Elisbateh, Augsburg-Lechhausen
2002 – 2003
Benefiziat in Schwabmünchen
2003 – 2008
Pfarrer von Harburg und Regionaljugendseelsorger
2008 – 2023
Pfarrer von St. Pankratius und Unsere Liebe Frau, Augsburg-Lechhausen
Beerdigung von Stadtpfarrer Markus Bader
Requiem am 19. Januar 2023 in St. Pankratius Augsburg-Lechhausen
Ansprache H.H.Dekan Helmut Haug
Liebe Schwestern, liebe Brüder, das ist ein schwerer Tag heute. Es ist ein schwerer Tag, weil wir als Christinnen und Christen spüren, dass uns die Wirklichkeit des Todes trifft wie alle Menschen, dass sie uns mit vielen Fragen und mit Ratlosigkeit zurücklässt. ...
Es ist ein schwerer Tag zuerst einmal vor allem für Sie, Frau Bader. Sie müssen heute am Grabe ihres einzigen Sohnes stehen. Sie haben damals, als Markus Ihnen sagte dass er Priester werden möchte, zu ihm gesagt: Hast du dir das auch gut überlegt?! Er hat es sich wohl gut überlegt und hat seinen Dienst über fast 25 Jahre treu ausgeübt, an den verschiedensten Stellen. Als Kaplan schon hier in Lechhausen in Sankt Elisabeth, dann als Benefiziat in Schwabmünchen, als Jugendseelsorger in der Region Donauries, und seit 2008 hier in der Pfarreiengemeinschaft St. Pankratius und Unsere Liebe Frau.
Letztes Jahr konnte er noch sein 25-jähriges Diakonats-jubiläum begehen. Er hat es sich wohl gut überlegt, Frau Bader, darauf dürfen sie sich heute verlassen. Und ich hoffe, dass sie sich in dieser großen Gemeinschaft von Glaubenden, Suchenden und Fragenden heute auch zu Hause fühlen können. Es ist ein schwerer Tag für die Mitbrüder von Markus die heute so zahlreich da sind. ‚Mitbruder‘, so nennen wir uns in der Regel; wir sind nicht eingetreten oder Angestellte in einer Firma, sondern so wie wir alle als Christinnen und Christen durch die Taufe verbunden sind, so sind wir Priester durch das Sakrament der Priesterweihe eben noch einmal in einer besonderen Gemeinschaft. Mitbruder hier vor Ort mit den Priestern, die ganz eng mit ihm zusammengearbeitet haben und heute hier neben mir sind, mit den Diakonen, die hier sind, mit denen er unterwegs war. Mitbruder im Kurs -das ist für uns etwas Wichtiges- mit denen man gemeinsam den Weg begonnen hat. Diese Gemeinschaft bleibt auch in besonderer Weise erhalten, deswegen grüße ich hier auch seine Kurskollegen ganz besonders, die heute hier sind. Und Mitbruder in einem Dekanat, wo man eben auch gemeinsam unterwegs ist.
Wir spüren als Priester heute ganz besonders wie dünn unsere Personaldecke geworden ist, auch wenn sie vielleicht den Eindruck haben wir sind hier viele – das täuscht! Jeder hat so viele Aufgaben inzwischen, ist so eingespannt in diese Vielfalt seines Dienstes, dass dieses Mitbruder-sein oft zu kurz kommt, dass man oft nicht mehr so recht spürt, mit wem man da noch unterwegs ist. Der Austausch und das einfache frohe Zusammensein sind für uns so wichtig, und doch oft so leicht nicht mehr möglich. Es entsteht die Möglichkeit, dass man manchmal auch als Einzelkämpfer unterwegs ist. Ja, und es ist ein schwerer Tag auch für sie als Pfarreiengemeinschaft, als Mitglieder der Pfarreien St. Pankratius und Unsere Liebe Frau, für die Männer und Frauen die hauptberuflich hier arbeiten und denen mit einmal der Chef genommen ist, die sich jetzt erst einmal orientieren müssen wie alles weitergeht. Es ist nicht so, dass alles wie in einem Räderwerk gleich weiter funktioniert. Sie spüren, wie sie von Tag zu Tag neu überlegen und organisieren müssen und sie fragen sich natürlich auch, wie soll das alles weitergehen… Und so auch die vielen Ehrenamtlichen, alle die hier in diesen Pfarreien zusammenarbeiten -und ich habe den Eindruck, sehr gut und sehr eng zusammenarbeiten- die Gremien, die Verbände…
Er war hineingegeben in die Arbeit bei der KAB und bei Kolping. Es gibt hier die zwei Kinderhäuser, die Schule die ihm sehr wichtig war, die Sozialstation. Wenn man all diese Menschen zusammen sieht dann merkt man, wie groß das Netzwerk ist, dass da im Laufe der Jahre entsteht. Die Verbindungen die da sind. Für sie alle ist es heute ein schwerer Tag. Wir verlieren in Markus Bader, in unserem Mitbruder, ihrem Sohn, ihrem Pfarrer, einen einzigartigen Menschen, den es eben nur ein einziges Mal so auf der Welt gegeben hat. Ich habe in den letzten Tagen viele Gespräche geführt und bin sehr dankbar dafür, denn ich habe selber auch gemerkt, wir kennen uns oft viel zu wenig. Und deswegen haben mir viele von Ihnen erzählt, von ihrem Pfarrer, sie Frau Bader von ihrem Sohn, und immer wieder kamen ähnliche Worte und Begriffe: ein Mensch von großer Bescheidenheit, der eher zurückhaltend war und, wenn da irgendwo eine Versammlung von vielen war und er hinein kam, sich lieber auf den letzten Platz ganz hinten gesetzt hat; vielleicht nicht derjenige war -obwohl man das von uns Pfarrern ja erwartet- der gleich vorne auf der Bühne steht und der gleich die großen Worte spricht, das war wohl nicht so seines. Aber er hat anderes eingebracht, die warmherzige und gutmütige Art, so haben sie es mir gesagt, seine Geselligkeit, dass er einfach gerne mit Menschen zusammen war, mit Menschen unterwegs war. Keine Pfarreireise hat er ausgelassen, er war mit dabei. Er war wohl einfach da, und das ist schon etwas sehr Kostbares und Wertvolles!
Wir verlieren in ihm einen Priester der eine große Liebe zum Wort Gottes hatte, deswegen auch ganz bewusst das Evangeliar hier vorne bei seinem Bild. Er hat sich für die Liturgie sehr eingesetzt, sie war ihm ein Herzensanliegen, hat dort auch in Zeitschriften Texte geschrieben. Vielleicht ist es die Liebe zum Wort Gottes und die Verehrung zu seinem Namenspatron, dem heiligen Markus, dem Evangelisten, die ihn auch auf den Weg der Ökumene geführt hat. Drum freut es mich, dass die Geschwister aus der Nachbarschaft, aus der Ökumene heute hier sind. Es ist ja ein schöner Zufall wenn man so will, dass die evangelische Nachbarkirche ‚Sankt Markus‘ heißt, das war für ihn sicher kein Zufall, sondern ein Zeichen, und er als großer Marienverehrer freute sich auch, dass die syrisch-orthodoxe Gemeinde der Gottesmutter geweiht ist. Das alles hat für ihn gezeigt, dass Ökumene keine Aufgabe ist unter vielen, wo man einfach einen Haken dran macht wenn man die und die Veranstaltung hatte. Sondern Ökumene, liebe Schwestern und Brüder, ist eine Querschnittsaufgabe, eine Haltung mit der ich alles was ich tue angehe, immer auch für die anderen mitzudenken, mit den Geschwistern in der Ökumene zu denken. Die Liturgie war für ihn eine Heimat, und das ist hier in St. Pankratius auch gut möglich! Denn die Liturgie spielt hier einen ganz wichtigen Punkt, eine wichtige Rolle, nicht zuletzt auch durch die Bruderschaft vom Allerheiligsten Altarsakrament. Wo es hier viele Gottesdienste gibt, immer wieder eucharistische Anbetungen, da hat er sich zu Hause gefühlt.
Es waren auch die vielen Gottesdienste, mit Erstkommunionfeier, mit Taufe, mit Trauung… Das war ihm nicht zu viel, sondern wichtig und wertvoll. Sein letzter Gottesdienst hier am Silvesterabend, um Mitternacht noch eine kurze Anbetung zum Jahreswechsel – und am Neujahrstag konnte er den Gottesdienst hier schon nicht mehr feiern, weil seine Kräfte nicht mehr ausreichten. So ist für ihn der letzte Weg in dieser Welt gekommen, ein letzter Weg wo er -Gott sei Dank- im Krankenhaus noch von einem Mitbruder der Krankenhausseelsorge begleitet wurde, der am Ende bei ihm saß und gebetet und gesungen hat. Das ist mir, und ich glaube uns allen, ein großer Trost. Im Evangelium haben wir gehört, dass ein junger Mann zu Jesus kam, ein Gesetzeslehrer, und ihn fragte: Meister, was ist das wichtigste Gebot? Ich glaube wir als Priester als Diakone, vielleicht auch sie alle, haben irgendwann einmal in ihrem Leben diese Frage ganz besonders gespürt. Was ist wichtig, was muss ich tun damit ich das ewige Leben bekomme? Was ist Ewigkeit überhaupt? Diese Frage nach Gott wird ihn irgendwann mal ganz getroffen und angerührt haben, davon gehe ich aus. Und ich glaube, dass Christus ihn auf diesen Weg geführt hat, den Weg der Liebe zu Gott selber und zu den Mitmenschen. Das wichtigste Gebot: liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst! Ich vermute fast, dass unser Herr ihn jetzt fragen wird und ihm sagen wird: du hättest ein wenig mehr für dich selber tun können, hättest vielleicht mehr auf dich achtgeben müssen! Und hättest vielleicht auch zulassen müssen, wenn andere dir helfen wollten, denn die gab es, viele,… Aber jeder ist, wie er ist, liebe Schwestern und Brüder, und es ist eben manchmal auch so, dass man nicht über seinen eigenen Schatten springen kann; und dass gerade wir Priester oft auch in der Gefahr sind, um uns herum eine unsichtbare Mauer zu bauen. Ich habe gefragt, was der Primizspruch von Markus war, doch niemand hat’s mehr so genau gewusst. Aber alle haben mir einen Vers gesagt und da dachte ich, der muss es sein! Der Vers aus dem Psalm 18: ‚mit meinem Gott überspringe ich Mauern‘.
Es ist auch das Bild von Sieger Köder, wo der kleine Ministrant mit seiner Laterne sich wie mit einem Hochsprungstab über die Mauer schwingt. Sieger Köder war für ihn ein wichtiger Künstler; dieses Bild habe ich auch in seiner Wohnung hängen sehen. Mit meinem Gott überspringe ich Mauern, die Mauer die wir oft um uns herum bauen, die Mauer, die wir zwischen uns setzen. Wir sind eben begrenzte Menschen, wir können eben manchmal nicht anders und es ist oft so schwer, aufeinander zuzugehen. Unsere Aufgabe ist es, nicht nur von uns als Priestern, sondern von uns allen, Grenzen zu überwinden, Mauern abzubauen! Christsein in der Pfarrei bedeutet in Zukunft immer mehr, Beziehungen zu schaffen, Räume zu öffnen in denen Beziehungen möglich sind. Ja und dann ist da natürlich noch die große Mauer, die Mauer des Todes, des Endes unseres Lebens. Sie scheint fast unüberwindlich, sie trennt uns auch jetzt von Markus, und das spüren wir sehr deutlich. Aber, liebe Schwestern und Brüder, wir glauben an einen, der die Mauern und die Fesseln des Todes gesprengt hat, der den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen konnte. Wir glauben an den, der alle Mauern niederreißt, die zwischen uns Menschen sind und die uns trennen. Wir glauben mit Markus Bader zusammen an diesen Christus, unseren Bruder und den Herrn über Leben und Tod.
Es ist ein schwerer Tag heute und wir gehen diesen Weg gemeinsam, als Fragende, als Suchende, aber eben auch als Glaubende. Zusammen mit dem Apostel Paulus möchte ich auch heute voll Zuversicht sagen, nichts kann uns scheiden von der Liebe Christi! Ich habe kurz vor dem Dreikönigstag noch ein letztes Mal mit Markus im Krankenhaus telefoniert, habe ihn gefragt wie es ihm geht. Und habe eine Antwort bekommen wieso oft von ihm: es geht schon wieder besser, es wird schon werden… Und dann habe ich zu ihm gesagt, pass auf dich auf und schau, dass du jetzt wieder ganz gesund wirst! Achte auf dich! Bleib lieber ein paar Wochen weg und schau das du wieder zu Kräften kommst, denn ich habe den Eindruck, du hast hier sehr viel zu tun, es sind zwei Pfarreien mit vielen Herausforderungen und vielen Aufgaben! Und dann sagte er mir, und das war sein letzter Satz: aber es ist auch wunderschön.
Diesen Satz möchte ich Ihnen heute mitgeben, liebe Frauen und Männer von St. Pankratius und Unsere Liebe Frau.
Er sagte mir, es ist auch wunderschön hier zu sein und hier wirken zu dürfen. Das soll uns Trost und Aufrichtung sein Amen.
Bildrechte: Foto Behrbohm, Augsburg